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Ein Schmetterlingsjahr am Hahneberg

Die Bäume sind noch kahl und wirken genau wie die braunen Büsche und Sträucher leblos und trist. Doch genau diese Abwesenheit von Blättern ist für andere Pflanzen überlebenswichtig, denn nur so kann das Sonnenlicht den Boden erreichen, aus dem nun fleißig verschiedenste Frühblüher emporwachsen. Am Hahneberg sind nun überall Taubnesseln und Reiherschnabel zu sehen. Am Rand des Gebiets in der Nähe der Gärten wachsen verwilderte Krokusse, Schneeglöckchen und Winterlinge.

Es fühlt sich so an, als scheine die Sonne zum ersten Mal seit Wochen und in der Mittagszeit ist es schließlich so warm, dass man die Winterjacke auszieht. Die Blüten der Frühblüher präsentieren sich stolz und farbenfroh im Sonnenlicht, doch warum eigentlich? An den ersten wärmeren Tagen im März oder sogar schon im Februar sind doch noch gar keine Insekten unterwegs, die die Pflanzen bestäuben könnten? Doch da ist er plötzlich, der leuchtend gelbe und überraschend große Schmetterling, der wie aus dem Nichts erscheint und nun von Blüte zu Blüte zwischen den Pflanzen hin und her fliegt. Ein Zitronenfalter. Fast immer ist dies die erste Schmetterlingsart, die wir im Jahresverlauf zu Gesicht bekommen. Nun, wo noch keine anderen Schmetterlingsarten unterwegs sind, lässt sich besonders gut der Unterschied zwischen den gelben Männchen und den eher blassen, weißlichen Weibchen der Zitronenfalter erkennen. Er hat einen Vorsprung gegenüber vielen anderen Arten, da er nicht als Puppe, sondern als ausgewachsenes Insekt überwintert. Hierfür lässt er sich einfach zwischen altem Laub nieder und vertraut auf seine Tarnung sowie das natürliche Frostschutzmittel in seinem Körper.

Auch andere Edelfalter überwintern auf diese Art und Weise, allerdings an geschützten Orten wie Dachböden, Schuppen und Höhlen jeder Art. Und nun, an den ersten warmen Tagen sieht man mit etwas Glück auch ein Tagpfauenauge, einen Kleinen Fuchs oder einen C-Falter, die sich mit ausgebreiteten Flügeln in der Sonne aufwärmen.

Doch wir alle kennen das, die Vorboten des Frühlings können täuschen und im März und April können uns Kälte, Eis und Schnee auf einen Schlag den Winter zurückbringen. Irgendwann ist allerdings jeder Winter einmal vorbei, und wenn das Thermometer regelmäßig die 20 Grad Marke übersteigt, zeigt sich auch in der Schmetterlingswelt der Strukturreichtum des Hahnebergs. Magere Trockenrasen, kleine Wäldchen, heimische Sträucher und einzelne Gehölze, all das sorgt in Verbindung mit einem Verzicht auf jegliche Insektengifte für eine kostbare Vielfalt an Lebewesen und darunter eben auch Schmetterlingen.

Für mich ist der Frühling endgültig gekommen, wenn die schöngefärbten Aurorafalter über die Wiesen gaukeln. Verschiedene Arten von Weißlingen sind nun zu beobachten und umso näher man der Spitze des Hahnebergs kommt, desto größer ist die Chance, einen unserer schönsten und größten heimischen Falter zu entdecken.

Schwalbenschwanz (Papilio machaon)

Der Schwalbenschwanz (Papilio machaon) gehört zu den sogenannten Ritterfaltern und betreibt eine Gipfelbalz, bei der sich die Tiere am höchsten Punkt in der Umgebung versammeln. Der ähnlich gefärbte Segelfalter gilt als wärmeliebende Art und breitet sich mit dem Klimawandel immer weiter aus. Er hat bereits die südliche Stadtgrenze erreicht und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis er auch am Hahneberg nachgewiesen werden wird. Futterpflanzen für seine Raupen wären jedenfalls vorhanden. Die an das Gelände grenzenden Kleingärten und die Nachbarschaftsbeete der Naturschutzstation bringen einen Blütenreichtum hervor, der alle möglichen Schmetterlinge anlockt.

Nun sind auch die ersten Bläulinge zu sehen, deren kleine Vertreter auf den ersten Blick manchmal gar nicht so leicht als Schmetterlinge zu erkennen sind. Hier weisen übrigens oft nur die Männchen die namensgebende blaue Färbung auf. Am Hahneberg sind zu Beginn des Sommers vor allem der Kleine Feuerfalter, der Hauhechel- und der Kleine Sonnenröschen-Bläuling zu beobachten.

Mit dem voranschreitenden Sommer wird es immer vielseitiger und prächtiger in der Schmetterlingswelt am Hahneberg. Nun blüht es überall in den verschiedensten Farben, und auch wenn die Naturbeobachtung im Juni und Juli bei praller Sonne ganz schön anstrengend werden kann, ist dies genau das Wetter, das Schmetterlingen gefällt. Jetzt tauchen verschiedenste Edelfalter auf, deren Namen oft genauso schön sind wie die Zeichnung ihrer Flügel: Schachbrett, Schornsteinfeger und Wiesenvögelchen. Zwei eher größere Arten der Gruppe der Bläulinge sind der Dukaten-Feuerfalter und der Violette Feuerfalter. Kleine Perlmutterfalter sonnen sich auf den sandigen Wegen und verschiedene Dickkopffalter umschwirren die blühenden Natternköpfe. Großer- und Kleiner Kohlweißling, Distelfalter, Admiral, an guten Sommertagen kann man um den Hahneberg herum über 20 Schmetterlingsarten an einem Tag sehen. Zu den besonderen Schätzen gehört hierbei noch der in Berlin stark bedrohte Ockerbindige Samtfalter, auch Rostbinde genannt.

Natürlich tun wir den Schmetterlingen ein großes Unrecht, wenn wir nur von Tagfaltern sprechen, denn die stellen eigentlich die Minderheit dar. Die meisten heimischen Schmetterlinge sind Nachtfalter, die wir nur selten zu Gesicht bekommen. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen und so kann man vor allem im Spätsommer an den Hängen des Hahnebergs zahlreiche Gitter- und Purpurspanner (Lythria cruentaria) auch tagsüber fliegen sehen.

Jetzt ist Herbst und auch wenn die Temperaturen sich eher noch sommerlich anfühlen, verfärben sich bereits die Blätter an den Bäumen und fallen Stück für Stück herunter. Einzelne Admirale, Tagpfauenaugen und Kohlweißlinge sieht man nun noch in der Sonne sitzen, auch Kleine Feuerfalter sind noch aktiv. Doch bald schon wird kein einziger Schmetterling mehr zu sehen sein und es werden mindestens vier Monate vergehen, bis wir wieder einen frühen Zitronenfalter entdecken können.

Autor und Fotos: Andre Eden


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