Alle Vögel sind schon da …
Liebe Naturfreundinnen & Naturfreunde,
seit Kindesbeinen zählt die Ornithologie zu einem meiner Steckenpferde.
Darum möchte ich in meinem vierten Block-Beitrag wieder etwas zum Thema „Vögel“ schreiben.
Und aus gegebenem Anlass.
Besser: Anlässen.
Jährlich sind mehr als 50 Milliarden Zugvögel weltweit unterwegs.
Jetzt, da sehr Vieles um uns herum leiser geworden und eine fast unwirklich anmutende Stille in Wald & Flur eingekehrt ist, können wir es so deutlich hören, wie schon lange nicht mehr: „Alle Vögel sind schon da“ …
(Das so betitelte 1835 von Hoffmann von Fallersleben verfasste Gedicht wurde zwei Jahre später von Ernst Richter vertont und zählte Forscherangaben zufolge 1975 zu den beliebtesten Volksliedern hierzulande.)
Wie mir scheint, kehrten dieses Jahr einige dieser (speziellen) Nachfahren des Archaeopteryx (griechisch, übersetzt: Urschwinge) früher zurück als bislang üblich. So sah ich beispielsweise Ende Januar bereits Kraniche (Grus grus) auf Gatower Feldern und Stare (Sturnus vulgaris) sowohl in Pichelsdorfer Parks als auch auf dem Gelände unserer Naturschutzstation.
(Der NABU hatte 1978 den Kranich und erst kürzlich, 2018, den Star zum Vogel des Jahres ernannt.)
Aufgrund der von uns erzeugten klimatischen Veränderungen sind allerdings bereits viele ehemalige Zugvögel zu Standvögeln oder zu nomadisierenden Reisenden innerhalb ihrer heimischen Stamm-Regionen geworden, so auch die ersten drei der bereits anfangs genannten: Amseln, einige (weitere) Drosselarten und viele Finkenarten überwintern mittlerweile in unserem Mitteleuropa. Auch fliegen immer weniger Stare von uns in den Wintermonaten fort.
Glücklicherweise waren Vertreter alle dieser vier Vogelarten auch auf Bildern der bei uns auf dem Stationsgelände angebrachten Wildtier-Kameras (Leihgaben von der Stiftung Naturschutzberlin/ArtenFinder) zu sehen; im Anhang können auch Sie sich an deren Anblick erfreuen.
Seit meiner Geburt vor sechs Jahrzehnten erlebte ich Schnee im einst typisch norddeutschen Winter.
Immer.
Nicht so in diesem…
Aber es gibt tatsächlich angesichts und infolge der großen globalen Krisen, vornehmlich der COVID-19-Pandemie, auch positive Effekte für uns und unsere Umwelt. Nicht nur, dass, wie jüngst Satelliten-Aufnahmen zeigten, der Himmel über China in kürzester Zeit sauber wurde mangels Ausstoßung der „Treibhausgase“ wie CO² -: für viele Singvögel ist der Himmel über Italien und der Levante auch sicherer geworden!
Niemand da, der sie erwerbsmäßig fängt, um sie in Vogelbauer zu sperren, zur Pflege der Tradition, zur Zierde und Erbauung, wie in manchen literarischen Werken der Regionen (z. B. Die dritte Mädchenschule) nachzulesen und bei Operetten (z. B. Der Vogelhändler) zu sehen und hören ist.
Das mafiös betriebene milliardenträchtige Geschäft der illegalen „Jagd“ auf Singvögel auf u.a. Zypern ist beispielsweise in diesem Gesamt-Kontext zunächst auch zum Erliegen gekommen aus bekanntlich mindestens zwei unmittelbar nachvollziehbaren Gründen.
Die auch des Sommers bei uns am Hahneberg heimische Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla), von Ornis liebevoll „der Mönch“ genannt, lebt in den Wintermonaten eben auch auf Zypern. So man sie denn lässt: dort gilt sie seit jeher als Delikatesse in der traditionellen Ess-Kultur und steht somit selbstverständlich auf den Speisekarten der Restaurants.
Möglicherweise ändert sich auch das nun bald.
Ich hoffe es sehr.
In diesem Sinne möchte ich mich nun mit zwei Zitaten bei Ihnen verabschieden:
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“
(aus „Stufen“, H.Hesse)
„Wie sie alle lustig sind,
flink und froh sich regen!
Amsel, Drossel, Fink und Star
und die ganze Vogelschar
wünschen dir ein frohes Jahr,
lauter Heil und Segen.“
(2. Strophe aus „Alle Vögel sind schon da“, H. v. Fallersleben)
Holger Bönig, ÖBFD, am 30.3.2020
P. S.: Gerade, um 14:24 Uhr, hat es in Spandau draußen vor meinem Fenster angefangen zu schneien …