Wildkräuterführung für die Monate April & Mai
Liebe Naturfreunde und Naturfreundinnen,
obwohl zur Zeit Führungen und Veranstaltungen auf der Naturschutzstation nicht stattfinden können, möchten wir Sie mit einer kleinen digitalen Kräuterführung näher an das spannende Thema Wildkräuter heranführen. Zusammen mit unserer Kräuterexpertin Frau Susanna Komischke sind wir auf dem artenreichen Gelände rund um den Hahneberg mit gebührendem Sicherheitsabstand auf Spurensuche gegangen. Zu den Wildkräutern haben wir von der Expertin viele interessante Infos erhalten, die wir für Sie in Steckbriefen festgehalten haben. Konzentriert haben wir uns hierbei auf Pflanzen, die im April blühen. Auf einer Karte haben wir die Fundstellen markiert.
Wir laden jeden interessierten Naturfreund dazu ein, sich die Karte auszudrucken, auf Entdeckungsreise zu gehen und den 1-2 stündigen Rundgang nachzuwandern. Wenn Sie die Augen und Ohren offenhalten, werden Sie nicht nur die beschriebenen Wildkräuter wiederentdecken. Die artenreiche Flora und Fauna wird auch andere Überraschungen für Sie bereithalten. Wir wünschen viel Spaß beim Nachwandern!
Sie können gerne über einen Kommentar Ihre Entdeckungen beim Nachspazieren mit uns teilen.
1) Zypressenwolfsmilch (Euphorbia cyparissias) – Wolfsmilchgewächs – giftig
Merkmale
Höhe 15-30cm, mehrjährig
Die Pflanze hat schmale, nadelartige Blätter, die einen weißen Milchsaft enthalten. Der gelbe Blütenstand ist von grüngelben Hochblättern umgeben. So wirkt die Blüte optisch größer und lockt so Bestäuber an. Die eigentlichen kleinen Blüten bestehen aus einer zentralen weiblichen Blüte und fünf im Kreis darum angeordneten männlichen Blüten.
Standort
Die Pflanze stellt wenig Anforderungen an den Standort und kommt mit wenig Wasser aus. Zu finden ist sie an sonnigen Plätzen mit mageren Böden. Auf Schuttplätzen und Brachflächen breitet sie sich großflächig aus.
Verwendung
Alle Bestandteile der Pflanze sind giftig.Der Hautkontakt mit dem Milchsaft kann allergische Reaktionen auslösen. Die ätzende Wirkung soll bei der Behandlung von Warzen und Hühneraugen helfen.
Besonderheiten
Der Wolfsmilchschwärmer legt seine Eier auf den jungen Trieben der Pflanze ab. Die Pflanze dient den Raupen als Nahrungsquelle.
2) Acker-Vergissmeinnicht (Myosotis arvensis) – Raublattgewächs
Beschreibung/Merkmale
Höhe 15-40cm, einjährig
Das Acker-Vergissmeinnicht hat zottig behaarte Stengelblätter, die am Boden rosettenartig beieinander stehen. Die kleinen hellblauen Blüten stehen dicht am Blütenstiehl, der sich während der Blüte verlängert. Die Blüten werden von Bienen, Hummeln und anderen Insekten bestäubt.
Verwechslungsgefahr
Die Pflanze kann mit anderen Vergissmeinnichtarten verwechselt werden.
Standort
Das Acker-Vergissmeinnicht wächst auf nährstoffreichem Lehmboden auf Äckern, Wegrändern oder Brachflächen. Die Samen bleiben im Fell von Tieren hängen und werden dadurch verbreitet.
Verwendung
Die Blüten und Blätter der Pflanze sind in kleinen Mengen essbar und zum Beispiel für Salat geeignet. Aus dem blühenden Kraut kann ein entzündungshemmender Sirup hergestellt werden. Geschmacklich erinnern die Blüten an Grünen Tee.
Besonderheiten
Blau gilt als Farbe der Treue. Vergissmeinnicht wurden gerne als Zeichen der Treue und Liebe verschenkt.
3) Ochsenzunge (Anchusa officialis) – Raublattgewächs – giftig
Beschreibung/Merkmale
Höhe 30-80cm, zweijährig
Die Pflanze ist borstig behaart, die länglichen Blätter erinnern tatsächlich an Ochsenzungen. Der Stängel, an denen sich wechselständig lanzettliche Blätter befinden, wächst aufrecht. Die Blütenstände mit kleinen blauen Blüten rollen sich beim Aufblühen aus und erscheinen insgesamt pyramidenförmig. Die Pflanze wird von Bienen, Schmetterlingen und Schwebfliegen bestäubt, es kann aber auch eine Selbstbestäubung erfolgen.
Standort
Die Pflanze ist an Wegrändern, auf Schutt- und Brachflächen zu finden. Sie bevorzugt sonnige Standorte mit sandigem oder kiesigem Boden.
Verwendung
Die Pflanze wurde früher als Gemüse angebaut oder als Heilpflanze gegen Prellungen, und Gelenkerkrankungen, sowie gegen Husten verwendet. Da die Pflanze leberschädigende Giftstoffe enthält, wird von einer Anwendung heute abgeraten. In hohen Dosen ist sie giftig.
Besonderheiten
Die Farbe der Blüten ist beim Aufblühen karminrot und ändert sich dann zu einem kräftigen lila. Raupen der Eulenfalter ernähren sich von der Pflanze.
4) Reiherschnabel (Erodium cicutarium) – Storchschnabelgewächse
Beschreibung/Merkmale
Höhe 10-40cm, ein- bis zweijährig
Am Boden bildet die Pflanze flache, behaarte Rosetten. An den Stängeln befinden sich doldenartig mehrere lila- oder rosafarbene Einzelblüten mit jeweils 5 Kronblättern. Die Früchte sehen aus wie ein nach oben gerichteter, spitzer Schnabel. Daher kommt der Name der Pflanze. Bei Trockenheit teilt sich die Frucht explosionsartig in mehrere sogenannte Grannen, an denen die einzelnen Samen hängen. Diese ziehen sich schraubenartig zusammen. Sobald sie wieder mit Feuchtigkeit in Berührung kommen, strecken sie sich und bohren sich so in den Boden.
Verwechslungsgefahr
Die Pflanze kann mit anderen Storchenschnabelgewächsen verwechselt werden.
Standort
Die anpassungsfähige Pflanze gedeiht an sonnigen, trockenen und meist sandigen Standorten. Sie verträgt auch einen hohen Salzgehalt im Boden.
Verwendung
Junge Pflanzenteile können für einen Salat verwendet werden.
Besonderheiten
Der Reiherschnabel ist eine Pionierpflanze. Das heißt die Pflanze ist besonders anpassungsfähig und anspruchslos. Sie besiedelt Flächen in denen es vorher keine Vegetation gab und verbreitet sich dort. Später wird sie von anderen Pflanzen verdrängt.
5) Tüpfeljohanniskraut (Hypericum perforatum) – Johanniskrautgewächse
Beschreibung/Merkmale
Höhe 30-60cm, mehrjährig
Die Blätter der Pflanze haben durchscheinende Tüpfel, die im Gegenlicht der Sonne am besten sichtbar sind. Es handelt sich hierbei um Öldrüsen. An starren Stängeln befinden sich reich verzweigte Blüten. Die fünfzähligen Blüten sind goldgelb und enthalten viele Pollen als Nahrung für Bestäuber. Die Blume gilt daher als Pollenblume.
Standort
Zu finden ist die Pflanze zum Beispiel auf Magerrasen, an Wegrändern, auf Brachen und Waldlichtungen. Hierbei bevorzugt sie warme, halbschattige Standorte.
Verwendung
Die Pflanze ist reich an ätherischen Ölen und enthält das antibiotisch wirksame Hyperforin.
Als Tee aufgegossen kann es in Wintermonaten gegen Depressionen helfen, da es die Lichtempfindlichkeit der Haut erhöht. Empfohlen wird eine zweimonatige Anwendung. Als Rotöl kann es auch als Wundheilmittel oder bei Verbrennung auf der Haut helfen.
Besonderheiten
Zerreibt man die Knospen der gelb blühenden Pflanze, färben sich die Finger rot. Auf Bahnschotter ist Tüpfel-Johanniskraut eine Pionierpflanze.
6) Niederliegender Ehrenpreis (Veronica prostrata) – Braunwurzgewächse
Beschreibung/Merkmale
Höhe 10-15cm, mehrjährig
Die bodendecke Pflanze mit lanzettlichen Blättern ist nur kurzblühend. Sie trägt im Mai und Juni blau-violette Blüten. Die Rispen tragen viele blaue Blüten und können so ein dichtes Polster bilden. Diese sind für Bienen und andere Insekten eine gute Nahrungsquelle.
Verwechslungsgefahr
Die Pflanze kann mit anderen Ehrenpreisarten verwechselt werden.
Standort
Die Pflanze bevorzugt einen sonnigen, bis halbschattigen und warmen Standort. Zu finden ist sie an trockenen Böschungen, Wegrändern, auf magerem Rasen oder an steinigen Standorten. Die Pflanze bevorzugt lehmigen Sandboden, oder milden Lehmboden.
Verwendung
Die Pflanze besitzt Gerb- und Bitterstoffe, sowie Saponine. Die Blüten können als Tee zubereitet und zum Beispiel bei Husten angewendet werden. Des Weiteren dienen die Kräuter zur Herstellung eines Kräutersafts. Die Blüten sind essbar, geschmacklich jedoch nicht überzeugend.
Besonderheiten
Es gibt rund 450 Ehrenpreisarten. Der Echte Ehrenpreis (Veronica officinalis) galt als wichtige Heilpflanze. Die Pflanze enthält Bitter- und Gerbstoffe, welche stimulierend und hustenstillend wirken.
7) Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata) – Kreuzblütengewächs
Beschreibung/Merkmale
Höhe 20-100cm, zwei- mehrjährig
Die kantigen Stängel sind schwach behaart und haben wechselständig angeordnete herzförmige Blätter. Diese sind gut an ihren zahnartigen Zacken erkennbar. Die weißen Blüten bieten Nektar für viele bestäubende Insekten. Der Nektar dient auch dem weiß, orangenen Aurorafalter als Nahrung.
Standort
Die Pflanzen bevorzugen frischen, stickstoffreichen Lehmboden an halbschattigen Standorten, zum Beispiel an Waldrändern, Gebüschen, Hecken und Schuttplätzen. Die Pflanze ist oft in großen Gruppen zu finden.
Verwechslungsgefahr
Gundermann (Glechoma hederacea)
Verwendung
Die jungen Blätter passen gut als würzige Zutat in einen frischen Salat oder Quark. Die Blätter und Blüten können als Gewürzpflanze mit leichtem Knoblauchgeschmack in Rohspeisen verwendet werden. Die Blätter sind reich an Vitamin A und C. Früher wurde sie wegen ihrer antiseptischen und schleimlösenden Wirkung als Heilpflanze angewendet. Die Wurzeln sind essbar und schmecken meerrettichartig. Aus den schwarzen Samen mit pfeffrigem Geschmack wurde früher Senf hergestellt.
8) Schöllkraut (Chelidonium majus) – Mohngewächs – giftig
Beschreibung/Merkmale
Höhe 30-70cm, zwei- mehrjährig
Die Pflanze hat einfach gefiederte Blätter. Die vierzähligen goldgelben Blüten befinden sich in Dolden.
Standort
Die Pflanze ist auf Wildkräuterfluren zu finden und ist ein Siedlungs- und Stickstoffanzeiger.
Verwendung
Zubereitungen können bei Leber- und Gallenerkrankungen helfen.
Besonderheiten
Die Pflanze enthält Alkaloide. Diese färben den giftigen Milchsaft gelb, der gut gegen Warzen sein soll. Aus der Kleidung ist dieser nicht mehr zu entfernen.
9) Hain-Ehrenpreis (Veronica sublobata) – Wegerichgewächse
Beschreibung/Merkmale
Höhe bis zu 5-15cm, einjährig
Die Pflanze ist im Frühjahr in Gemeinschaften zu finden und wird nur wenige Zentimeter hoch. An den efeuartig ausgebreiteten Trieben befinden sich wechselständig, weich behaarte Blätter und einzelne kleine hellblaue Blüten.
Standort
Die Pflanze bevorzugt sonnige bis halbschattige Standorte. Zu finden ist sie in Auwäldern, im Saum von Hecken, Gebüschen, sowie in Gärten und auf Äckern.
Verwendung
Junge Triebe können in geringen Mengen im Salat verwendet werden.
Besonderheiten
Die Samen für das kommende Jahr werden bis Juni gebildet, die Pflanze verwelkt bereits Ende Juni und ist nicht mehr zu sehen.
10) Weiße Taubnessel (Lamium album) – Lippenblütengewächse
Beschreibung/Merkmale
Höhe 20cm bis zu 70cm, mehrjährig
An dem aufrechten vierkantigen Stängel befinden sich gegenständige herzförmige Blätter mit gezähntem Rand. Diese erinnern an die Brennnessel, brennen jedoch nicht bei Berührung. Die weißen Blüten befinden sich in Etagen am Stängel und werden gerne von Hummeln und Honigbienen besucht.
Verwechslungsgefahr
Gundermann (Glechoma hederacea)
Standort
Die Pflanze ist an Weg- und Wiesenrändern, Zäunen oder Gräben zu finden und zeigt stickstoffreichen Boden an.
Verwendung
Die Pflanze enthält Saponine und Schleimsoffe. Aus den Blüten kann ein Tee aufgegossen werden, der gegen Atemwegserkrankungen und Schleimhautentzündungen im Mund- und Rachenraum hilft. Des Weiteren sollen die Blüten bei Wechseljahrsbeschwerden helfen.
Besonderheiten
Abgezupfte Blüten enthalten viel Nektar und können ausgesaugt werden.
11) Wiesenkerbel (Anthriscus sylvestris) – Doldenblütler
Beschreibung/Merkmale
Höhe 60cm bis zu 150cm, zwei- oder mehrjährig
Der Stängel ist scharfkantig gefurcht, an diesem befinden sich die mehrfach gefiederten Blätter. Die weißen Blüten stehen in großen Dolden und werden von vielen Insekten, vor allem von Käfern besucht. Bei Berührung mit der Haut und in Verbindung mit Sonnenlicht können Hautreizungen entstehen.
Verwechslungsgefahr
Vorsicht! Wiesenkerbel kann leicht mit dem giftigen gefleckten Schierling oder dem schwach giftigen Hecken-Kälberkopf verwechselt werden.
Standort
Die Pflanze bevorzugt einen sonnigen bis halbschattigen Standort und einen nähr- und stickstoffreichen Boden. Zu finden ist sie auf Wiesen, an Wald- und Gebüschrändern.
Verwendung
Junge Blätter wurden als Wildgemüse gekocht. Die Pflanze hat einen leicht herben Möhrengeschmack und kann für Salate, Suppen oder Kräuterquark verwendet werden.
12) Pfeilkresse (Lepidium draba) – Kreuzblütengewächs
Beschreibung/Merkmale
Höhe 30cm bis zu 60cm, mehrjährig
Pfeilkresse ist häufig in großen Gruppen zu finden. An den aufrechten Stängeln befinden sich zahlreiche, meist lanzettliche Blätter. Im oberen verzweigten Bereich befinden sich viele kleine weiße Blüten, die einen schirmtraubigen Blütenstand ergeben. Die Bestäubung erfolgt hauptsächlich durch Fliegen. Sie breitet sich über Samen aber auch über Wurzelausläufer aus.
Standort
Pfeilkresse ist an Wegrändern, auf Schuttplätzen und Äckern zu finden. Sie benötigt einen warmen, trockenen Standort mit nährstoffreichem Boden.
Verwendung
Die Pflanze enthält Senföle, die jungen Blüten und Blättern einen scharfen Geschmack verleihen. Diese können zum Beispiel für einen Salat verwendet werden. Die Samen eignen sich als Pfefferersatz. In großen Mengen oder bei einem empfindlichen Magen kann der Verzehr Magenprobleme hervorrufen.
Besonderheiten
Pfeilkresse ist eine Pionierpflanze und kann neue Hänge durch ihr Wurzelwerk befestigen.
Hier noch einige hilfreiche Worterläuterungen:
Lanzettlich – Das Wort bezieht sich auf die Blattform. Das Blatt ist in der Mitte am breitesten und verschmälert sich zu beiden Seiten.
Kronblätter – Die Blüte einer Pflanze besteht unter anderem aus den Kronblättern. Diese sind in der Regel die auffälligen farbigen Blätter, die das Erscheinungsbild der Blume prägen.
Pionierpflanze – Die Pflanze ist besonders anpassungsfähig und anspruchslos. Sie besiedelt Flächen auf denen es vorher keine Vegetation gab und verbreitet sich dort.
Trugdolden – Trugdolden sehen ähnlich aus wie Dolden, sind aber anders aufgebaut. Sie haben eine Hauptachse, die mit einer Blüte abschließt und Nebenachsen, die auch mit Blüten abschließen.
Gefiedert – Gefiederte Blätter haben ein oder mehrere Blattstiele an denen sich mehrere Einzelblätter befinden.
Tipp:
Ende September öffnen viele Berliner Gärten ihre Pforten für die Öffentlichkeit. Nutzen Sie die Gelegenheit und schauen Sie persönlich bei der Kräuterexpertin Frau Susanna Komischke vorbei, oder informieren sie sich auf ihrer Internetseite über laufende Projekte, Rezeptideen und Pflanzen.
https://susanna-komischke.de
Nähere Infos über offene Gärten Berlin am 18-19. September finden Sie unter
http://www.offene-gaerten-berlin-umland.de/garten.html
Diese Bücher haben wir bei der Recherche verwendet:
BLV Bestimmungsbuch – Blütenpflanzen
Seidel, Eisenreich
3. Auflage, BLV Verlagsgesellschaft mbH, München 1988
ISBN 3-405-13557-5
Welche Blume ist das?
Margot und Roland Spohn
Franckh-Kosmos Verlags-GmbH&Co.KG, Stuttgart 2014
ISBN 978-3-440-13744-4
Essbare Wildkräuter und Wildbeeren für unterwegs – Naturführer
Rudi Beiser
Franckh-Kosmos Verlags-GmbH&Co.KG, Stuttgart 2018
ISBN 978-3-440-15007-8