Aktuelles

Der Winter und seine kleinen Könige …

Schnee, Schnee und nochmals Schnee: Der Februar 2021 scheint sich entschieden zu haben, uns den Winter noch einmal mit aller Kraft wieder zurückzuholen …

Zu all´den schönen Dingen, die man im Winter in der Natur unternehmen kann, zählt auch das Beobachten von Vögeln. Besonders die kleineren Singvögel sind auf den derzeit unbeblätterten Zweigen – und natürlich auch im Schnee – viel besser zu sehen als sonst. Ein Fernglas auf den Winterspaziergang mitzunehmen, kann also auf jeden Fall nicht schaden.

Im Rahmen einer internen Exkursion mit gleichzeitigem Vogelmonitoring des Umwelt- und Naturschutzamtes Spandau Ende vergangenen Jahres wurde den TeilnehmerInnen zu Beginn die Frage gestellt, wieviele verschiedene Vogelarten auf dem gemeinsamen Rundgang am Hahneberg vermutlich zu sehen sein würden. Die Schätzungen lagen zwischen vorsichtigen 15 bis zu 25 Arten. Und – wer hätte es gedacht – am Ende sollte die kühnste Vermutung sogar noch übertroffen werden: Tatsächlich waren es insgesamt 32 Arten, die uns im Laufe von ca. 1,5 Stunden unter fachkundiger Leitung begegneten. Von A wie Amsel bis Z wie Zaunkönig waren viele gefiederte Anwohner anzutreffen: Zu Beginn der Exkursion waren es vor allem Wacholderdrosseln und Rotdrosseln (jeweils mehr als 30!), die scharenweise die kahlen Bäume bevölkerten. Später sahen wir u. a. noch mehrere Stieglitze und Kernbeißer und natürlich auch mehrere Exemplare aus der artenreichen Familie der Meisen. Andere wiederum bekam man zwar nicht zu Gesicht, dafür konnte man sie aber gut an ihrem z. T. recht markantem Ruf erkennen, wie z. B. den mittlerweile selten gewordenen Schwarzspecht.

Auch wenn die bestehenden Umweltbedingungen gerade bei den Singvögeln in den letzten Jahren zu einem deutlichen Rückgang geführt haben, so erscheint uns zumindest die Vielfalt der Vogelarten hier am Hahneberg durchaus bemerkenswert und auch ermutigend …

Von der Freude am Entdecken unserer kleineren und größeren gefiederten Nachbarn möchten wir hier gerne etwas an Euch weitergeben. Da bei dieser Exkursion besonders auch das Beobachten ganz kleiner Vögel mit dem Fernglas ziemlich spannend war, möchten wir einige von ihnen im Folgenden noch etwas genauer vorstellen. Der Kleinste saß am Ende unserer Exkursion tatsächlich direkt am Fuße des steilen Aufstiegs zum Hahneberg …

Im Lateinischen wird er – wie wir noch sehen werden – gleich doppelt als „Kleiner König“ bezeichnet …

Wer das wohl sein mag?

In der Märchensammlung der Gebrüder Grimm findet sich das Märchen „Der Zaunkönig“. Die Geschichte an sich dürfte bereits um die 2.500 Jahre alt sein und taucht schon bei dem Griechen Äsop als Fabel auf. In dieser Geschichte zumindest gilt der Zaunkönig (Troglodytes troglodytes = Höhlenbewohner, Gräber) als der Kleinste im Bunde. Das stimmt zwar nicht ganz, wie wir später noch sehen werden, dennoch ist dieser Vogel trotz seiner geringen Größe so wichtig für unsere heimische Natur, dass wir ihn im Folgenden kurz vorstellen möchten.

Er schafft es tatsächlich, trotz seiner geringen Größe und mit einiger List, die verschiedenen Wettbewerbe um den Rang des Königs unter den Vögeln als Sieger zu bestehen. Aber die anderen Vögel durchschauen seine Tricks. Sie wollen einfach nicht akzeptieren, dass dieser gerissene Winzling, der ohne weitere Anstrengung als Sieger aus den verschiedenen Wettbewerben hervorgegangen ist, nun ihr König werden soll. Das Ende vom Lied ist, dass der kleine Vogel sich vor ihnen und ihrem Ärger sogar verstecken muss und fortan nur noch scheu im Gebüsch und zwischen Zaunlatten umherschlüpfend gesichtet werden kann. Dennoch ruft er dabei weiterhin sein „König bün ick“ (König bin ich). Wer Gelegenheit hat, den Rufen des Zaunkönig einmal genauer zuzuhören, kann hier so etwas in der Art tatsächlich auch heraushören …

Dieser kleine Vogel ist im Übrigen ein gekonnter – und für seine Größe ungewöhnlich lautstarker – Sänger, der es schon auch mal schafft, gegen donnernde Laster anzusingen …

Aus Spott über sein Dasein, das er seitdem hauptsächlich im bodennahen Gebüsch, in Holzstapeln und natürlich auch zwischen Zäunen verbringen muss, gaben ihm die anderen Vögel in der Geschichte den Namen „Zaunkönig“ – und den trägt er im Deutschen ja auch offiziell …

Dieser kleine Kerl misst übrigens von der Schnabel- bis zur Schwanzspitze nur knapp 10 cm und wiegt ca. 12 g. Zum Vergleich: Der weltweit kleinste Vogel, die „Bienenelfe“, ein Kolibri, der ausschließlich auf Kuba zu finden ist, ist 5–7 cm lang und wiegt dabei allerdings nur noch ca. 1,8 g!

Wie bereits oben erwähnt, gibt es weitere gefiederte Vertreter, die noch etwas kleiner sind als er. Es handelt sich hier um zwei Vögel aus der Familie der Goldhähnchen, nämlich das Sommergoldhähnchen (Regulus ignicapilla) und das Wintergoldhähnchen (Regulus regulus).

Während das Sommergoldhähnchen mit durchschnittlich 9–10 cm schon fast so groß wird wie der Zaunkönig, liegt das Wintergoldhähnchen mit einer Größe von 8,5–9,5 cm noch ein bisschen darunter. Beide sind mit knapp 5– ca. 8,5 g regelrechte Leichtgewichte.

Bezeichnend für die Goldhähnchen ist, dass sie jeweils einen gelben bis orangefarbenen Scheitelstreif auf den kleinen Köpfchen tragen. Diese winzigen, leuchtend bunten Federchen können die Vögel bei Aufregung auch wie einen Kamm sozusagen als Federkrone aufstellen. Daher wohl auch der Name „Goldhähnchen“, bzw. die Bezeichnung „Kleiner König“ (Regulus) im Lateinischen:

Sommergoldhähnchen (Foto: Georg Müller)

Optisch sind die beiden Verwandten nur bedingt zu unterscheiden. Die Sommergoldhähnchen haben etwas leuchtendere Farben und zusätzlich einen auffälligen hellen Streifen über dem Auge. Bei den Wintergoldhähnchen sieht der kleine Körper oft noch kugeliger und immer etwas aufgeplustert aus, was die kleinen Vögel zu richtigen Sympathieträgern macht:

Wintergoldhähnchen (Foto: Georg Müller)

Beide Vögel haben auf ihrem Speiseplan fast ausschließlich Gliederfüßer (Insekten, Spinnentiere und andere kleine Tiere, wie z. B. Springschwänze) zu stehen.

Sommer- und Wintergoldhähnchen sind aber dennoch keine Futterkonkurrenten, da sie nicht dieselben Gliederfüßer fressen. Das Wintergoldhähnchen z. B. hat sich auf die winzig kleinen Beutetiere darunter spezialisiert und findet diese – anders als das Sommergoldhähnchen – meist an der Unterseite von Ästen und Zweigen. Auch im dichten Gestrüpp am Boden wird es das ganze Jahr über fündig. Besonders der Vorrat an fetthaltigen Springschwänzen, von denen es sich im Winter überwiegend ernährt, scheint dort nicht so schnell auszugehen.

Vielleicht ist das auch mit ein Grund, weshalb sie, im Gegensatz zu den Sommergoldhähnchen, im Winter hier bei uns bleiben und in dieser Zeit sogar noch Besuch von weiteren Wintergoldhähnchen aus dem hohen Norden bekommen. Dennoch macht natürlich auch diesen Vögeln der weltweite Rückgang an Insekten und anderen kleinen Tieren zu schaffen …

Die Hängenester, die die Wintergoldhähnchen im Frühjahr mit feinsten Baumaterialien wie Moos und Flechten, aber auch Haaren und dem Gespinst von Spinnen- oder Raupenkokons in hängende Nadelzweige quasi hinein „weben“, sind ausgesprochen stabil. Durch das feine, dichte Material und das zusätzliche Auspolstern innen mit Tierhaaren und Vogelfedern sind sie außerdem bestens isoliert. Die brütenden Weibchen können die Nester so auch bei Kälte zwischendurch bis zu einer halben Stunde verlassen, ohne dass die ungefähr puffreisgroßen Eier zu sehr auskühlen. Wintergoldhähnchen brüten meist zweimal zwischen März und Juli, die Weibchen legen dabei jeweils bis zu 12 Eier.

Wintergoldhähnchen mit Nest (Zeichnung: Laura Cooper, Biologin)

Der Gesang dieser winzigen Vögel (er klingt ein bisschen wie „zi-zi-zi-zi-zi-zit“) ist so fein und hoch, dass man schon sehr genau die Ohren spitzen muss, um ihn hören zu können.

Wintergoldhähnchen an Kiefernästen (Foto: Georg Müller)

Wer sich aber einmal ein bisschen in diese Winzlinge „verliebt“ und genauer mit ihnen beschäftigt hat, der hat gute Chancen, sie auch öfter mal zu entdecken – und sei es mit Hilfe eines Fernglases. Denn sie setzen sich gerne singend in die Äste oder Wipfel von Nadelbäumen – meist in Fichten, aber auch Tannen, manchmal auch in Kiefern.

Gerade jetzt im Winter kann man sie aber auch häufiger im dichten Gebüsch oder in der Nähe von schützenden, hängenden Nadelbaumästen am Boden entdecken. Besonders gut sind sie dabei natürlich im Schnee zu sehen:

Wintergoldhähnchen bei der Futtersuche im Schnee (Foto: Georg Müller)

Na dann … viel Freude beim Entdecken!

Verwendete Quellen:

  1. Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Wintergoldhähnchen
  2. NABU: https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/vogelkunde/vogelportraets
  3. Biologie-Schule.de: www.biologie-schule.de/voegel.php
  4. Schräge Vögel, Autor: Uwe Westphal, Pala – Verlag Darmstadt 2015


Verfasse ein Kommentar

Deine E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*